Hering 9

Madam Bertelsens Haus

Die Møllebrøndsstræde hieß in früheren Zeiten Nørrestræde. Sie verläuft jedoch genau wie im 17. Jahrhundert, als die Gasse und der Wall den Hopfengarten der Stadt umgaben. Der Garten versorgte die städtischen Brauereien mit Hopfen zum Bierbrauen. Gleich hinter der Hecke auf der rechten Seite der Møllebrønds-stræde führt ein Pfad hinauf auf den Wall. Von hier aus sieht man unten im Stadtgraben eine hohe alte Pumpe, die bis weit ins 20. Jahrhundert sowohl die städtischen Bürger als auch die Bewohner von Stege Mark mit sauberem Quellwasser versorgte. Es wurde vor allem zum Kochen und Waschen verwendet, da das Brunnenwasser vieler Familien einen hohen Ockergehalt hatte. Die Pumpe und das Leben um sie herum beschrieb der Schriftsteller Gustav Wied eindrück-lich in seiner Novellensammlung „Barnlige sjæle“ (Kindliche Seelen). Gustav Wied lebte übrigens eine Zeit lang hier auf Møn und heiratete eine Tochter der Familie Tutein vom Gut Marienborg; bis dahin logierte er jedoch bei „Madam Bertelsen am Wall in Stege“ in dem Haus auf dem Eckgrundstück zwischen Møllebrøndsstræde und Rådhusgade.

Die Rådhusgade hieß damals „Skammestræde“, da sie im Gegensatz zur Langestræde (heute Langgade) die neue, kurze Straße war. Der Name stammt vom altnordischen Wort „skammr“, was „kurz“ bedeutet.

Hier an dieser Stelle, wo die heutige Rådhusgade den Wall durchschneidet, stand das mittlere der drei Stadttore. Der zuvor erwähnte Oberst von Plessen hatte den Hof Nygård in Damsholte als Sommerresidenz zugeteilt bekommen, doch mit seiner üblichen Verachtung für alles „Mönische“ ließ er 1690 die beiden Stadttore und wahrscheinlich auch die Ringmauer auf dem Wall abreißen, um Steine für den Ausbau von Nygård (später Marienborg) und den Bau von Schornsteinen für die ca. 400 Gardistenwohnungen, die auf Møn gebaut wurden, zu beschaffen. Für jeden Schornstein waren 300 Steine erforderlich. Dieser nahezu komplette Abriss des Festungswerks von Stege wird als „grös-ster Diebstahl in der Geschichte von Møn“ bezeichnet!

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